Der Kunde ein Dieb, der Patient ein Koleriker? Gewalt am Arbeitsplatz – ein vielfach unterschätztes Phänomen

Gewalt am Arbeitsplatz nimmt weltweit zu. Nahezu jede/r zweite Arbeitnehmer/in in Österreich hat am Arbeitsplatz schon einmal eine Gewalterfahrung gemacht.

Nicht nur Diebe und Bankräuber sorgen für Gewalterfahrung von Angestellten im Arbeitsalltag. Generell, so beobachten Sicherheitsorgane, nimmt die Gewaltbereitschaft in der Öffentlichkeit zu. Kunden/-innen-Beschwerden, die früher vielleicht verbal geäußert werden, enden heute oft in einem Gerangel, Patienten/-innen schlagen wild um sich, Busfahrer werden von Fahrgästen attackiert. Beinahe jede/r zweite Arbeitnehmer/-in in Österreich hat an ihrem Arbeitsplatz schon einmal eine Gewalterfahrung gemacht. Viele davon mit schweren körperlichen und seelischen Folgen, die bis zu Arbeitsunfähigkeit und Verdienstausfall führen können.

Präventions- und Schutzmaßnahmen für Opfer von Gewalt am Arbeitsplatz ist eine innerbetriebliche Angelegenheit. Es gibt keine flächendeckenden, verpflichtenden Maßnahmen. Demzufolge ist es für Arbeitnehmer/-innen „Glückssache“, ob in ihrem Betrieb eine opferunterstützende Vereinbarung existiert oder nicht.

 

Kooperation zwischen den Gewerkschaften vida, younion und dem WEISSEN RING

Seit März 2016 existiert eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Opferhilfeeinrichtung WEISSER RING und den Teilgewerkschaften vida und younion zur Verstärkung der Prävention und Verbesserung der Opferhilfe.

Die häufigsten Probleme

  • Unzureichende Information der Gewaltopfer über ihre Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten
  • zu wenig Verständnis und kaum Krisenpläne vonseiten der Betriebsführungen
  • Unterschätzung der Folgen und Risiken für Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Betroffenen
  • unklare Haftungssituationen – vor allem bei prekären Arbeitsverhältnissen

Derzeit planen die Kooperationspartner/-innen eine Informationskampagne für Arbeitnehmer/-innen. Darüberhinaus formuliert der WEISSE RING folgende Ziele bzw. Forderungen:

  • Verpflichtung für Arbeitgeber/innen Betroffene, über Opferschutzeinrichtungen und Hilfsmöglichkeiten zu informieren
  • Verstärkung der Präventionsarbeit durch regelmäßige Schulungen unter Einbeziehung von Opferhilfeeinrichtungen
  • Bewusstseinsbildung und Verbesserung des Schutzes von Personen in prekären Arbeitsverhältnissen
  • Ernennung einer/s Opferbeauftragten in Betrieben über 100 Mitarbeiter/innen
  • Recht auf Versetzung innerhalb eines Betriebes, wenn das Opfer bestimmte Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann
  • zeitlich begrenzter Kündigungsschutz nach einer Gewalttat
  • Zuerkennung von besonderer Schutzbedürftigkeit im Strafverfahren
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