BeneVict: Für die Opfer, zum Nutzen aller

In diesem Projekt arbeiten Vertreter:innen von Opferhilfe-Einrichtungen aus 26 EU-Staaten zusammen. Gemeinsam haben sie sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der EU-Opferschutz-Richtlinie 2012/29/EU zu leisten.

10 Jahre EU-Opferschutz-Richtlinie, aber kaum Fortschritte?

Verbrechensopfer in ganz Europa wissen oft vor Beginn des Strafverfahrens nicht oder nicht ausreichend über ihre Rechte und die zur Verfügung stehenden Unterstützungsmöglichkeiten Bescheid. Eine große Herausforderung besteht darin sicherzustellen, dass alle Opfer von Anfang an angemessene und verständliche Informationen erhalten, die ihren individuellen Bedürfnissen und Umständen entsprechen.

Die EU-Opferschutz-Richtlinie sollte von den Mitgliedstaaten bis 2015 vollständig umgesetzt werden. Bis dahin sollten die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht übernommen und die Hilfe für Opfer von Straftaten entsprechend ausgebaut werden. Im Rahmen des Projekts VOCIARE wurde bereits einmal überprüft, ob bzw. wie weit dieses Ziel erreicht wurde. Die Ergebnisse wurden 2017 publiziert und zeigen, dass es durchaus noch Verbesserungsbedarf gab.

Im Projekt BeneVict wird nun neuerlich ein Blick auf die Umsetzung der EU-Opferschutz-Richtlinie geworfen. Zusätzlich werden in vier Ländern erstmals die wirtschaftlichen und sozialen Kosten von Versäumnisse in der Opferhilfe analysiert.

Opferschutz als Investition: Kosten-Nutzen-Analyse

Ein weiteres Ziel des Projekts BeneVict ist es, zum ersten Mal in der EU Kosten der Viktimisierung und Nutzen der Opferhilfe anhand von vier Staaten – Estland, den Niederlanden, Portugal und Spanien – zu ermitteln.

Es ist dringend notwendig, die Kosten von Viktimisierung und den Nutzen der Opferhilfe zu untersuchen. Denn Opferschutz ist keine Ausgabe, er ist eine Investition. Um den Nutzen der Opferhilfe in Zahlen fassen zu können, sollen die Gesamtkosten der Viktimisierung – für den Staat, das Opfer und die Gesellschaft – ermittelt werden. Es geht darum sichtbar zu machen, in welchem Ausmaß erfolgreiche Opferhilfe diese Gesamtkosten beeinflusst. Die Ergebnisse sind als Argumentationsgrundlage für Opferschutz-Einrichtungen auch in anderen Ländern gedacht, wenn es darum geht, mehr Mittel zu bekommen und die Rechte von Opfern zu fördern.

Heben von Entwicklungspotenzialen

Die EU-Opferschutz-Richtlinie hat viel für die Verbesserung der Rechte von Opfern geleistet. Allerdings gibt es nach wie vor Lücken und Probleme bei der Umsetzung.

Zu den wichtigsten gehören:

  1. Hohe Dunkelziffer: Opfer zeigen sehr oft die Straftat nicht an oder nehmen die Hilfe von Opferschutz-Einrichtungen nicht in Anspruch. Das hat die unterschiedlichsten Gründe, beispielsweise weil sie nicht als Opfer identifiziert werden, weil sie nicht ausreichend informiert bzw. oft sogar daran gehindert werden, sich zu melden.
  1. Sekundäre Viktimisierung: Immer wieder sind diejenigen, die eine Straftat anzeigen oder Hilfe suchen, einer sekundären Viktimisierung durch Akteure innerhalb und außerhalb des Justizsystems sowie durch die Gesellschaft selbst ausgesetzt. Auch hier gibt es eine Vielzahl an Ursachen, die von mangelndem Wissen und Verständnis, mangelndem Schutz, schlechter Behandlung bis zu fehlender koordinierter Bemühungen reichen.
  1. Fehlen von Opferschutz-Einrichtungen: Nach wie vor gibt es in vielen EU-Ländern nicht ausreichend allgemeine und spezialisierte Opferschutz-Einrichtungen oder diese sind unzureichend, nicht zugänglich oder qualitativ ungenügend. Das führt dazu, dass viele Opfer allein gelassen werden.

Den Reformbedarf bestimmen und Lücken schließen

Es ist geplant, die EU-Opferschutz-Richtlinie zu überarbeiten. Im Juni 2020 legte die EU-Kommission eine Strategie zur Stärkung der Rechte von Opfern vor.

BeneVict unterstützt dieses Vorhaben, indem es den aktuellen Stand der Umsetzung der Opferrechte in der EU untersucht. Es soll festgestellt werden, inwieweit die derzeitigen Gesetze und Vorgangsweisen den wichtigsten Anforderungen der EU-Richtlinie entsprechen. Eine Analyse der praktischen Umsetzung der EU-Richtlinie auf Länderebene soll Probleme und Lücken sichtbar machen und als Grundlage für weiterführende Empfehlungen dienen.

Ziel von BeneVict ist es sicherzustellen, dass die künftige EU-Opferschutz-Richtlinie die wichtigsten Bedürfnisse der Opfer berücksichtigt und die Erfahrungen der Fachleute, die mit den Opfern arbeiten, in die Überarbeitung einfließen. Dabei geht es sowohl darum, Hilfeleistungen bereitzustellen, als auch darum, die Durchsetzung von Opferrechten sicherzustellen.

Weiterführende Informationen zum Projekt BeneVict finden Sie hier.

BeneVict und VOCIARE: zwei Projekte – ein großes Ziel

Bereits im Jahr 2017 arbeitete der WEISSE RING am EU-Projekt VOCIARE (Victims of Crime Implementation Analysis Report) zur Umsetzung der EU-Opferschutz-Richtlinie in Österreich mit. Damals wurden einige Defizite in der Umsetzung der Richtlinie und Empfehlungen für notwendige Verbesserungen des Opferschutzes aufgezeigt.

Mit dem aktuellen Projekt BeneVict (Analyis of Benefits of full implementation of the Victims‘ Rights Directive) sollen die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie seit 2018 erforscht werden und mit den Erkenntnissen der Schutz und die Einhaltung der Rechte von Opfern vorangetrieben werden – sowohl auf nationaler als auch EU-Ebene.

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