EU-Kommission für Stärkung von Opferrechten

Die Europäische Kommission hat eine Initiative zur Stärkung der Opferrechte in der gesamten Europäischen Union vorgestellt, damit Betroffene Zugang zu Informationen, Unterstützung, Gerechtigkeit und Entschädigung erhalten. Mit der überarbeiteten Fassung der EU-Opferschutz-Richtlinie von 2012 setzt die EU-Kommission neue Mindeststandards für den Opferschutz, die über die Vorschriften von 2012 hinausgehen und sich an den sich ändernden gesellschaftlichen, technologischen und rechtlichen Entwicklungen orientieren.

Die Reform umfasst folgende Punkte:

  • Sie soll sicherstellen, dass die Opfer gut über ihre Rechte aufgeklärt werden und über die erforderlichen Ressourcen verfügen, um eine Straftat anzuzeigen. Vorgesehen ist die Einrichtung einer allgemeinen Hotline mit der EU-weiten Telefonnummer 116 006 und einer umfassenden Website, die auch Chats und E-Mails ermöglichen soll.
  • Es sollen besser auf die besonderen Bedürfnisse von schutzbedürftigen Opfern (wie Kindern, älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen, Opfern von Hassverbrechen oder in Haft befindlichen Opfern) zugeschnittene Sicherheitsmaßnahmen gelten.
  • Schutzbedürftige Opfer sollen fachkundige Hilfe erhalten, solange dies je nach ihren individuellen Bedürfnissen nötig ist, z. B. unentgeltliche psychologische Unterstützung.
  • Der Zugang zur Justiz soll einfacher werden, indem die Opfer ausreichende Unterstützung vor Gericht bekommen und Entscheidungen im Strafverfahren, die ihre Rechte betreffen, anfechten können.
  • Die effektive Entschädigung der Opfer soll sichergestellt werden, indem ihnen sofort nach dem Urteil eine Entschädigung garantiert wird. Der Staat sollte die Entschädigung direkt an das Opfer zahlen und sich anschließend vom Täter erstatten lassen.

VSE und der WEISSE RING fordern weitere Maßnahmen

Victim Support Europe (VSE) und der WEISSE RING begrüßen die Bemühungen der Europäischen Kommission, die Opferrechte zu stärken, sehen jedoch auch weiterhin Verbesserungsbedarf und fordern weitere Maßnahmen zum umfassenden Schutz und zur Unterstützung der Opfer von Straftaten. Ein systemischer und integrativer Ansatz ist erforderlich, um die Rechte und Bedürfnisse aller Opfer vollständig zu berücksichtigen.
VSE setzt sich für die Umsetzung nationaler Opferschutzstrategien und den Aufbau umfassender nationaler Unterstützungsnetzwerke ein und fordert alle relevanten Akteur:innen auf, gemeinsam eine sichere und gerechte Europäische Union zu schaffen, in der jedes Opfer die Unterstützung und Stärkung erhält, die es benötigt.

WEISSER RING fordert Datenweitergabe bei situativer Gewalt

Udo Jesionek, Präsident des WEISSEN RINGS, sieht den Vorschlag der EU-Kommission als Bestätigung und Unterstützung für die Forderung des WEISSEN RINGS, die Datenweitergabe an Opferhilfe-Einrichtungen bei Fällen situativer Gewalt neu zu regeln. Denn nur so kann eine Gleichstellung der Opfer situativer Gewalt mit den Opfern von Gewalt im persönlichen Nahbereich erreicht werden. Außerdem verweist Udo Jesionek darauf, dass die gemeinsame europaweite Notruf-Nummer in Österreich erreichbar ist und jederzeit stärker beworben werden könnte. „Gemeinsam können wir eine Veränderung bewirken und eine Umgebung schaffen, in der jedes Opfer von Straftaten die Unterstützung erhält, die es braucht. Die Notruf-Nummer kann und soll dabei helfen“, so der Präsident des WEISSEN RINGS.

Hintergrund

Die EU-Opferschutz-Richtlinie, die wesentliche Standards für Opfer von Straftaten festlegt, wurde 2012 verabschiedet und trat 2015 in Kraft. Seitdem hat sie sich positiv auf das Recht der Opfer auf Zugang zu Informationen ausgewirkt und deren Zugang zu Unterstützungsdiensten verbessert.

Im Juni 2020 nahm die Kommission die EU-Strategie für die Rechte von Opfern (2020-2025) an, um sich verstärkt dafür einzusetzen, den Zugang zur Justiz für alle Opfer von Straftaten unabhängig davon, wo in der EU und unter welchen Umständen die Straftat begangen wurde, zu gewährleisten.
Die Überprüfung und Evaluierung der Opferschutz-Richtlinie von 2012 war ein Teil dieser Strategie und hat bestätigt, dass die Richtlinie im Großen und Ganzen die erwartete positive Wirkung zeigt. Jedoch traten auch Mängel zutage, die gezielte Verbesserungen in Bezug auf die wichtigsten Rechte der Opfer gemäß der Richtlinie erfordern. So wurden etwa bestimmte Rechte unklar und ungenau formuliert und die Mitgliedstaaten verfügen über einen großen Handlungsspielraum bei der Umsetzung.

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