Fast 5.500 vorurteilsmotivierte Straftaten in 2021

Das Bundesministerium für Inneres hat den Jahresbericht 2021 „Hate Crime in Österreich“ veröffentlicht und dieser zeigt vor allem eines ganz deutlich: vorurteilsmotivierte Kriminalität ist auch in unserer demokratischen Gesellschaft bemerkbar und Sensibilisierungsmaßnahmen sind dringend notwendig.

Hasskriminalität oder Hate Crime wird in der neuen Terminologie als „vorurteilsmotivierte Straftat“ gegen „schutzwürdige Gruppen“ definiert. Die österreichische Polizei wird seit August 2020 im Erkennen und Erfassen von Vorurteilsmotiven geschult. Sie hat die Aufgabe, vorurteilsmotivierte Straftaten als solche zu identifizieren und zu kennzeichnen und auch die schutzwürdigen Gruppen, gegen die sich eine strafbare Handlung richtet, festzuhalten. Definiert werden diese schutzwürdigen Gruppen über Merkmale des Alters, der Religion, der sexuellen Orientierung, des sozialen Status oder der Weltanschauung.

Erfasst werden die Daten in der PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik), die als Anzeigenstatistik zwar kein vollständiges und objektives „Barometer“ der öffentlichen Sicherheitslage liefern kann, aber zumindest ein deutliches Bild der Straftaten, der Straforte und der Tatverdächtigen.

Weltanschauung, nationale / ethnische Herkunft und Religion sind häufigste Motive

Im Zeitraum von Jänner bis Dezember 2021 wurden in Österreich durch die Polizei 5.464 vorurteilsmotivierte Straftaten erfasst und 6.619 Vorurteilsmotive dokumentiert, da eine Straftat oft mehrere Vorurteilsmotive aufweist. In die Statistik einbezogen, wurden nur Straftaten, deren polizeiliche Ermittlungen bereits abgeschlossen sind.

Mit 74,2 Vorurteilsmotiven bei 61,3 Straftaten pro 100.000 Einwohner lässt sich leider eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Erfassungszeitraum November 2020 bis April 2021 erkennen.

Am häufigsten wurden vorurteilsmotivierte Straftaten in absoluten Zahlen in Wien, Oberösterreich und Niederösterreich verzeichnet. In Relation zur Wohnbevölkerung betrachtet allerdings am häufigsten in Salzburg, Wien und Oberösterreich. Positives Schlusslicht war hier das Burgenland. Die relative Verteilung von „Hate Crimes“ nach Bezirken brachte städtische Konzentrationen in Salzburg, Innsbruck, St. Pölten, aber auch in ländlichen Bezirken wie Feldkirchen, Freistadt und Leoben zutage.

Mit insgesamt 68,8 % lag die Aufklärungsquote von „Hate Crimes“ innerhalb des Erfassungszeitraums über dem Durchschnitt der in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2021 erfassten Straftaten.

Erfasst wurden die Straftaten nach Vorteilsmotiven, Deliktsarten, Tatverdächtige und Tatorten. Zu den drei häufigsten Vorurteilsmotiven zählen die Weltanschauung, nationale / ethnische Herkunft und Religion. Auffällig ist dabei, dass gut ein Viertel der „Hate Crimes“ von Jugendlichen begangen wird, die wiederum häufiger männlich waren und die österreichische Staatsbürgerschaft hatten. Ein Umstand, der besonders bei antisemitischen Straftaten auffiel.

Brandbeschleuniger Hassposting

Vorurteilsmotivierte Straftaten treffen neben dem Opfer alle Träger:innen desselben Identitätsmerkmals und möglicherweise die gesamte Gesellschaft. Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit macht die Angehörigen der Gruppen verletzlich. Menschen verlieren das Gefühl der Sicherheit und entwickeln Misstrauen gegenüber den staatlichen Behörden, die scheinbar nicht in der Lage sind, diese Delikte abzuwehren. Das Ergebnis: Sie ziehen sich zurück und nehmen nicht mehr Teil am öffentlichen Geschehen. Hasspostings in sozialen Medien können als Brandbeschleuniger wirken und weitere Übergriffe auslösen. Oft führen solche Angriffe bei den unmittelbaren Opfern zu erheblichen Beeinträchtigungen wie Problemen bei der Arbeit, in der Schule oder im Bekanntenkreis, Depressionen sowie posttraumatische Belastungsstörungen. Ganz zu schweigen von den physischen und psychischen Auswirkungen der vorurteilsmotivierten Gewaltkriminalität, die im letzten Jahr traurigerweise 2091 Opfer forderte.

Mögliche Maßnahmen gegen Hate Crime

Der Polizeibericht über Hate Crime 2021 liefert zahlreiche Anhaltspunkte für eine präventive Politik, sowohl auf der Täterseite (insbesondere die Kriminalität der jugendlichen Männer betreffend) als auch reaktive Maßnahmen für die Sicherheit im öffentlichen Raum sowie Schutzmaßnahmen für den privaten Raum. Gesetzliche Maßnahmen wie Prozessbegleitung oder psychosoziale Betreuung – wie sie der WEISSE RING und andere Hilfsorganisationen bieten – führen dazu, dass Zeug:innen und Opfer solche Taten vermehrt anzeigen.

Zusätzlich können viele weitere Maßnahmen, wie die Verbesserung der Einkommen von Personen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis leben, Kontrollmechanismen, wirksame gesetzliche Maßnahmen gegen die Internet-Kriminalität, Bildungs- und Schulungsschwerpunkte sowie transparente Gesetze, die Rechtssicherheit der Menschen und den Schutz vor Hass-Delikten gewährleisten.

Zum Weiterlesen

Lesen Sie dazu auch den ausführlichen Bericht von Inge Rowhani zum Jahresbericht 2021 „Hate Crime in Österreich“. Den Jahresbericht selbst finden Sie hier.

2022/10

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