Tag der Kriminalitätsopfer: „Situative Gewalt – eine besondere Herausforderung in der Opferhilfe“

Innenministerium und WEISSER RING luden zum 13. Mal anlässlich des Tags der Kriminalitätsopfer zu einem Symposium.

„Ich freue mich, dass wir wieder Gastgeber bei diesem wichtigen Symposium, das heute zum 13. Mal stattfindet, sein dürfen“, sagte Innenminister Gerhard Karner anlässlich der mit der Verbrechensopferhilfe WEISSER RING ausgerichteten Veranstaltung zum Tag der Kriminalitätsopfer am 21. Februar 2023 in Wien. Karner betonte, dass in Kürze die Kriminalitätsstatistik veröffentlicht werde. Es seien erste Trends erkennbar wie die Rückkehr von Straftaten auf Vor-Corona-Niveau, beispielsweise Einbrüche oder die dynamische Entwicklung im Bereich der Cyberdelikte. Auch diese gelte es aus Opferschutzperspektive zu begleiten.

Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Situative Gewalt – eine besondere Herausforderung in der Opferhilfe“. Das Symposium mit zahlreichen Fachvorträgen sowie Expertinnen- und Expertendiskussionen fand im Bundesministerium für Inneres statt. Der Fokus lag auf der juristischen, psychischen und finanziellen Hilfe für Gewaltopfer. Situative Gewalt ist Gewalt zwischen Personen, die keine private Beziehung zueinander haben.

Karner: Opfer von situativer Gewalt in Zukunft stärker in den Fokus rücken

„Ich glaube, dass wir im Bereich des Gewaltschutzes durch die Sensibilisierung eine zunehmende Aufmerksamkeit erreicht haben. Immer mehr Menschen, auch im familiären und nachbarschaftlichen Umfeld, daher Straftaten zur Anzeige bringen. Wir legen in Zukunft den Fokus auf situative Gewalt. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Gewalt durch Prävention und Sensibilisierung verhindern können, aber auch, wie es möglich ist, Opfer besser betreuen und begleiten zu können“, hob der Innenminister hervor.

In den vergangenen Jahren wurden Maßnahmen gesetzt, um den Opferschutz in Österreich zu verbessern. Dazu zählen die Erweiterung des Betretungs- und Annäherungsverbot, die verpflichtende täterorientierte Gewaltprävention, das Waffenverbot für Gefährder, die Verdoppelung der Präventionsbediensteten von 500 auf mehr als 1.100 Bedienstete sowie ein Gewaltschutzbudget in der Höhe von mehr als 24,6 Millionen Euro.

Udo Jesionek, Präsident des WEISSEN RINGS, bedankte sich für die langjährige Zusammenarbeit mit dem Innenministerium und freute sich, dass das Symposium wieder in gewohnter Form im Innenministerium stattfinden konnte. Jesionek ging in seiner Eröffnungsrede auf die Herausforderung ein, die die Betreuung von Opfern situativer Gewalt für Opferschutzeinrichtungen und Behörden darstellt. So sei es wichtig, dass Opfer situativer Gewalt rasch und umfassend über ihre Rechte im Verfahren und den Zugang zu kostenloser Opferhilfe aufgeklärt würden. „Ich hoffe, dass dieses Symposium ein Bewusstsein für die praktische und rechtliche Umsetzung des Opferschutzes für Opfer situativer Gewalt schafft“, sagte Jesionek.

Zadić: Niederschwelliger Zugang zum Recht wichtig

„Mir ist wichtig, dass Opfern von Gewalt eine Beratung einfach und kostenlos zur Verfügung steht. Der Opfernotruf des WEISSEN RINGS ist das ganze Jahr über verfügbar und wurde vor kurzem erst durch ein niederschwelliges Online-Angebot erweitert“, sagte Justizministerin Alma Zadić. Die Justizministerin hob auch die Ausweitung der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung auf Betroffene von Hass im Netz und Kinder, die Zeugen von Gewalt wurden hervor sowie die Kampagne, um diese Angebote in der Bevölkerung bekannter zu machen. Außerdem wurden die Stundensätze für Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter erhöht. Darüber hinaus soll weiter geprüft werden, ob die derzeitigen Rechtsinstrumente ausreichen. „Wir müssen weiterhin alles dafür tun, dass Betroffene von Gewalt mit dieser schwierigen Situation nicht allein sind und die nötige Unterstützung bekommen“, betonte Zadić. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des WEISSEN RINGS dankte sie für deren wichtige Arbeit: „Der WEISSE RING unterstützt Betroffene von Gewalt dabei, ihre Rechte unkompliziert und einfach durchzusetzen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder Religionszugehörigkeit. Vielen Dank für den wichtigen Beitrag, den sie mit ihrer täglichen Arbeit leisten.“

Raab: Unterstützungseinrichtungen wichtiger Eckpfeiler im Opferschutz

„Mir als Frauenministerin ist es ein besonderes Anliegen, an diesem Gedenktag auf den geschlechtsspezifischen Aspekt von Gewalttaten hinzuweisen. Die kürzlich veröffentlichten Daten der Prävalenzstudie zu geschlechterspezifischer Gewalt zeigen klar, dass Gewalt an Frauen und Mädchen in Österreich nach wie vor traurige Realität ist“, sagte Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, via Videobotschaft. „Über 13 Prozent aller Frauen über 15 Jahren geben an, körperliche Gewalt außerhalb von intimen Partnerschaften erlebt zu haben. Über acht Prozent haben Androhungen körperlicher Gewalt erfahren“, sagte Raab. Deswegen würden Unterstützungseinrichtungen, die auf die besonderen und individuellen Bedürfnisse von Opfern ausgerichtet sind, einen wesentlichen Eckpfeiler im Opferschutz darstellen.

Rauch: Situative Gewalt kann jeden Menschen treffen

„Situative Gewalt kann Jede und Jeden treffen. Gerade diese Zufälligkeit ist schockierend und hat schwerwiegende Folgen für die Betroffenen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, den Opfern und Hinterbliebenen einen einfachen Zugang zu ihren Rechten zu gewährleisten und ihnen bedürfnisorientierte Unterstützung zu bieten“, sagte Johannes Rauch, Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, ebenfalls via Videobotschaft. Minister Rauch ging dabei auf die Hilfeleistungen ein, die Opfer für erlittene Handlungen zustehen. Für diese reicht ein formloser Antrag beim Sozialministeriumservice. „Für die Anspruchsberechtigung reicht es bereits aus, dass eine vorsätzliche Straftat wahrscheinlich stattgefunden hat“, sagte Rauch. Das ermögliche ein niederschwelliges Verfahren.

Situative Gewalt

Der Begriff der situativen Gewalt beschreibt einen Aspekt des sich ständig wandelnden Gewaltbegriffs. Das Symposium setzte sich zum Ziel, das Phänomen der situativen Gewalt aus unterschiedliche Perspektiven zu beleuchten.

Die Schauspielerin Dessi Urumova gab Erlebnisse von Opfern situativer Gewalt auf Basis realer Opferberichte wieder.

Lyane Sautner, Leiterin der Abteilung für Strafrecht und Rechtspsychologie an der Johannes Kepler Universität Linz referierte zum Thema „Situative Gewalt als Aspekt eines vieldeutigen Gewaltbegriffs“. Helmut Hirtenlehner von der Abteilung für Praxis der Strafrechtswissenschaft und Medizinstrafrecht an der Johannes Kepler Universität Linz sprach über „Gewalt in Österreich aus kriminologischer Perspektive“.

Walter Dillinger vom Büro Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten der Landespolizeidirektion Wien (LPD) und Nina Lepuschitz, Landeskriminalamt Wien, Kriminalprävention Abteilung 4 Opferschutz, hielten einen Fachvortrag mit dem Thema „Situative Gewalt versus Gewalt im sozialen Nahbereich“.

Der Leiter der Opferhilfe des WEISSEN RINGS, Tobias Körtner, schloss die Runde der Fachvorträge mit einem Beitrag über Besonderheiten der Arbeit mit Opfern situativer Gewalt.

Lesen Sie hier mehr über die Fachveranstaltung.

Unter folgendem Link können Fotos der Veranstaltung abgerufen werden:

https://bildarchiv.myds.me/photo/share/8JeeySo5 © BMI Jürgen Makowecz

ots des Bundesministeriums für Inneres

02 / 2023

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