Video- und Tonaufnahmen als Beweismittel

Mobiltelefone sind für die meisten von uns ein ständiger Begleiter. So haben wir meist sowohl eine Kamera als auch ein Aufnahmegerät bei der Hand. Damit ist es ganz leicht, Fotos oder Videos anzufertigen, auf Social Media zu teilen oder an Freund:innen zu versenden. So kann es auch vorkommen, dass Opfer einer Gewalttat den oder die Täter:in beim Angriff filmen, Tonaufnahmen machen und Ähnliches mehr.

Immer häufiger wird auch der WEISSE RING mit Fragen wie „Ich habe alles aufgenommen, darf ich das an die Polizei übermitteln?“ konfrontiert. Diese Frage ist aber nicht immer ganz einfach zu beantworten. Vor allem sind damit oft juristische Fragestellungen verbunden, die einer auf den Anlassfall angepassten Beratung bedürfen.

Missbrauch ist strafbar

Der Missbrauch von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten ist strafbar (§ 120 StGB). Strafbar macht sich

  • wer ein Tonaufnahmegerät oder ein Abhörgerät mit der Absicht benützt, sich oder einem/einer anderen Unbefugten von einer nicht öffentlichen und nicht zu seiner Kenntnisnahme bestimmten Äußerung Kenntnis zu verschaffen;
  • wer ohne Einverständnis der/des Sprechenden die Tonaufnahme einer nicht öffentlichen Äußerung einer dritten Person, für die sie nicht bestimmt ist, zugänglich macht oder eine solche Aufnahme veröffentlicht;
  • wer eine im Wege einer Telekommunikation übermittelte und nicht für sie/ihn bestimmte Nachricht in der Absicht, sich oder einem/einer anderen Unbefugten vom Inhalt dieser Nachricht Kenntnis zu verschaffen, aufzeichnet, weiteren Personen zugänglich macht oder diese veröffentlicht.

Davon umfasst sind geheime Aufnahmen. In der Regel dürfen Äußerungen, die nicht an einen selbst gerichtet sind oder Gespräche, an denen man nicht beteiligt ist, nicht aufgenommen werden. Ist man hingegen an einem Gespräch beteiligt oder eine gewisse Äußerung an einen selbst gerichtet, ist die Aufnahme an sich nicht strafbar. Verboten ist aber deren Weitergabe oder Veröffentlichung.

Übermittelt man eine Aufnahme an die Polizei oder möchte man diese vor Gericht als Beweismittel vorlegen, ist es daher sinnvoll, sich vorher juristisch beraten zu lassen. Denn unter gewissen Bedingungen kann die Weitergabe dennoch erlaubt sein.

Aufnahmen dürfen in Einzelfällen verwendet werden

Zulässig ist das Abspielen einer Aufnahme gegenüber Dritten (etwa dem Gericht) dann, wenn ein Rechtfertigungsgrund dafür vorliegt. Das kann z.B. eine Notwehrsituation, rechtfertigender Notstand oder ein überwiegendes Interesse sein. „Überwiegendes Interesse“ bedeutet, dass es im Verfahren zu einer Abwägung kommt. Auf einer Seite steht das Recht auf Privatsphäre bzw. das Interesse am Schutz privater Äußerungen und dem eigenen Wort. Auf der anderen Seite steht das Interesse, einen gewissen Beweis zu erbringen. Überwiegt im konkreten Fall das Interesse der Beweisführung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der/des Aufgenommenen, ist das Abspielen der Tonaufnahme vor Gericht gerechtfertigt. Oft wird der dabei anzulegende Maßstab in einem Zivilverfahren strenger sein als in einem Strafverfahren. Man denke etwa an eine gefährliche Drohung, die im Rahmen eines Telefonats erfolgt und für die – sofern es keine Zeug:inn:en gibt – keine anderen Beweismittel zur Verfügung stehen.

Zusammengefasst bedeutet das, dass das Heranziehen einer (geheimen) Ton- oder Bildaufnahme als Beweismittel in gewissen Einzelfällen zulässig sein kann. Der sensible Umgang mit solchen Aufnahmen ist jedenfalls geboten. Oft kann auch die Anfertigung einer Niederschrift hilfreich sein.

Auf jeden Fall sollte juristische Beratung in Anspruch genommen und eine individuelle Lösung erarbeitet werden. Denn es kann sein, dass die Vorlage einer Bild- oder Tonaufnahme als Beweismittel für die Person, die die Aufnahme angefertigt hat, auch rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Check-Liste

  • Die Aufnahme eines Gesprächs, an dem man selbst beteiligt ist, ist nicht strafbar. Für die Beweissammlung kann es sogar sinnvoll sein. Die Veröffentlichung/das Zugänglichmachen solcher Aufnahmen kann allerdings strafbar sein.
  • Geheime Aufnahmen können neben strafrechtlichen Folgen auch zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen (z.B. Klage auf Löschung), siehe etwa OGH: 1 Ob 1/20h.
  • Ob man die Aufnahme im Gerichtsverfahren vorspielen, ein Transkript davon (am besten selbst) anfertigen oder davon generell absehen sollte, hängt daher vom Einzelfall und den Umständen/Beweggründen ab, aus denen die Aufnahme erfolgt ist.
  • Vorsicht gilt vor allem bei geheimen Aufnahmen, insbesondere von Gesprächen, die nicht für die/den Aufnehmenden bestimmt waren.
  • Da es vor allem auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, ist im Zweifel mit Anwält:inn:en Rücksprache zu halten, bevor man Aufnahmen vorlegt. Dies insbesondere auch deshalb, weil dadurch das notwendige Vorbringen, warum im konkreten Fall ein Rechtfertigungsgrund für die Wiedergabe/das Zugänglichmachen gegenüber Dritten vorliegt, (z.B. Berufung auf eine Notwehrsituation) vorbereitet und erstattet werden kann.

Grundlagen

erstellt von: Anna-Maria Pertl

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