Mag. Helfried Haas ist seit Jänner 2025 stellvertretender Landesleiter des WEISSEN RINGS in Wien.
Er ist ausgebildeter Sozialarbeiter und war in der Bewährungshilfe tätig. Vor seiner Pensionierung war er Vizepräsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien

Sie waren beruflich als Sozialarbeiter bei der Bewährungshilfe tätig. Was waren die Gründe für Ihren Entschluss, bei einer Opferunterstützungs-Organisation ehrenamtlich tätig zu werden?
Als Richter für Zivilrechtsangelegenheiten bin ich natürlich auch mit Verbrechensopfern und ihren berechtigen Ansprüchen in Kontakt gekommen. Dadurch ist der Wunsch entstanden, den Betroffenen zu helfen. Ich bin über Udo Jesionek und Dina Nachbaur schon vor längerer Zeit zum WEISSEN RING gekommen und konnte dank meines Wissens und meiner Berufserfahrung sofort einsteigen und mithelfen.
Wie sehen Sie den WEISSEN RING und die Arbeit der Opferhilfe? Wie haben Sie die Organisation während Ihrer Berufstätigkeit erlebt und hat sich an Ihrer Sichtweise seither etwas geändert?
Ich habe während meiner Berufstätigkeit kaum Berührungspunkte zur Organisation gehabt und den WEISSEN RING daher nicht sehr gut gekannt. Das ist natürlich etwas, das sich geändert hat. Insgesamt müsste es sich noch weiter ändern, dass der WEISSE RING bekannter wird, weil er eine sehr wichtige Institution mit einer sehr wichtigen Aufgabe ist.
Der WEISSE RING steht bewusst auf der Seite der Opfer. Wie sehen Sie das?
Das ist – kurz gesagt – seine Aufgabe. Der WEISSE RING hat ja keine Schiedsrichter:innen-Funktion und keine Ausgleichsfunktion. Die Aufgabe ist unter anderem die Unterstützung von Verbrechensopfern bei Anträgen nach dem Verbrechensopfergesetz, nicht die Entscheidung darüber, wie berechtigt die Ansprüche sind.
Gibt es eine Beobachtung zum Thema Opferrechte, die Sie im Lauf Ihrer Karriere gemacht haben und die Sie teilen möchten?
Ich habe beobachtet, dass die Durchsetzung der Opferrechte leider zu oft eine Frage der sozialen Position ist. Es kommt vor, dass Betroffene ihre Ansprüche nicht geltend machen, sei es aufgrund finanzieller Einschränkungen oder aufgrund ihrer sozialen oder auch gesundheitlichen Situation. Das Thema ist stark mit Ängsten und mit der Erwartungshaltung, dass sie ohnehin nicht zu ihrem Recht kommen werden, verbunden. Es gibt Personen, die sich schlicht nicht trauen, ihre Ansprüche anzumelden.
Gibt es beim Thema Opferrechte eine Situation oder einen Bereich, in dem Sie Handlungsbedarf sehen? Wo sehen Sie Entwicklungsmöglichkeiten?
In diesem Bereich sehe ich auch den Handlungsbedarf. Es braucht noch mehr Unterstützung bei der Anmeldung von Ansprüchen, wie sie der WEISSE RING schon leistet. Es kann insgesamt noch mehr getan werden, um Verbrechensopfer zu ermutigen, ihre Ansprüche geltend zu machen. Sie könnten auch insofern entlastet werden, dass sich Opfer nicht direkt und selbst mit Täter:innen auseinandersetzen müssen. Das könnte zumindest teilweise durch die Möglichkeit der Forderungsabtretung geschehen. Für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen sollte es auch zu einer rascheren Sicherung des Vermögens von Täter:innen kommen.
05/2025