Unterstützung für Heimopfer: Zwischenbericht


Nach Bekanntwerden von Gewalt- und Missbrauchsvorwürfen in ihren Einrichtungen sind Evangelische Kirche und Diakonie im Jahr 2011 mit dem WEISSEN RING eine Kooperation eingegangen.

„Es war uns besonders wichtig, dass alle Vorfälle von einer unabhängigen Einrichtung bewertet werden. Der WEISSE RING als größte Opferhilfeorganisation in Österreich verfügt über langjährige Erfahrung und höchste Kompetenz bei der Hilfe für die Opfer von kriminellen Handlungen.“

Bischof Michael Bünker, Evangelische Kirche A.B. in Österreich, 2011

Jetzt liegt ein Zwischenbericht des Projekts „Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Evangelischen Kirchen und Diakonie Österreich“ vor. Das Projekt läuft mit einer kurzen Unterbrechung seit 2011, Betroffene sind auch weiterhin aufgerufen, sich zu melden.

Die Maßnahmen zur Hilfe

Die Evangelischen Kirchen und die Diakonie in Österreich verfolgen einerseits das Ziel Verbesserungsmaßnahmen zu setzen, um institutionelle Gewalt gar nicht erst entstehen zu lassen. Andererseits sollen Menschen, die trotz aller Vorkehrungen Gewalt erleben, eine Anlaufstelle finden, um das Geschehene aufzuarbeiten.

Im Rahmen des Projektes entscheidet ein Gremium aus fünf anerkannten Expert:innen unabhängig und verbindlich über Unterstützungsleistungen an die Opfer. Diese bestehen aus einer finanziellen Hilfeleistung, dem Angebot Psychotherapie in Anspruch zu nehmen sowie aus der Übernahme anwaltlicher Kosten, wenn rechtliche Fragen offen sind.

Ein paar Zahlen

Insgesamt wurden bis Ende 2023 Entscheidungen über 211 Fälle getroffen. Manche davon liegen fast 80 Jahre zurück. All jene, die finanzielle Unterstützung erhielten, hatten psychische Gewalt erlebt, fast alle (98,5%) auch körperliche Gewalt und fast die Hälfte (49,2%) der Betroffenen auch sexuelle Gewalt. 78% derjenigen, die finanzielle Unterstützung erhielten, wurde auch Psychotherapie genehmigt. Allerdings wurde diese Möglichkeit nur zu ca. einem Drittel ausgeschöpft.

Von 2010 bis 2023 wurden für das Projekt insgesamt rund 2,7 Mio. EUR aufgewendet.

„…weil es wichtig ist, die Betroffenen gut zu sehen und sie, so gut es geht, zu unterstützen, dass sie ihr Leben weiterführen können trotz der so schwierigen Bedingungen und Erfahrungen. Natürlich können wir nichts ungeschehen machen oder in irgendeiner Form beschönigen.“
Mag.a Ulla Konrad, ehemalige Präsidentin des Verbandes österr. Psychologinnen und Psychologen, über ihre Gründe für die Mitarbeit im Gremium

Eine von Gewalt, Verunsicherung und Entwertung geprägte Kindheit hinterlässt Spuren. Betroffene schildern oft ihren lebenslangen Kampf mit den Folgen ihrer Erfahrungen psychischer, physischer und sexueller Gewalt. Häufig treten posttraumatische Belastungs- und Angststörungen auf, dauerhafte Beziehungen zu anderen Menschen sind schwierig. Als Resultat einer schlechten oder gar keiner Berufsausbildung droht zusätzlich Altersarmut.

Finanzielle Unterstützung ist eine greifbare Form der Anerkennung des erlittenen Unrechts und Psychotherapie kann Frieden bringen. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass Betroffenen oft erstmals in ihrem Leben zugehört und auch geglaubt wird. Verschwinden lassen kann all das die Erlebnisse aber nicht.

Die Anlaufstelle besteht weiter

Das Projekt „Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Evangelischen Kirchen und Diakonie Österreich“ läuft weiter. Der Bericht liefert auch einen Überblick über weitere Maßnahmen, die von den Evangelischen Kirchen und der Diakonie in Österreich in den Jahren seit dem Projektstart entwickelt und umgesetzt.

Natascha Smertnig, Geschäftsführerin WEISSER RING, ist von der Wichtigkeit des Projekts überzeugt: „Wir können dazu beitragen, dass das Leid der ehemaligen Heimkinder gesehen und anerkannt wird. Es ist auch wichtig, dass die Betroffenen sich im Rahmen dieses Projekts an eine unabhängige Stelle wie den WEISSEN RING wenden können.“

Betroffene können sich auch weiterhin melden!

WEISSER RING
Alserbachstraße 18/6
1090 Wien
Tel.: 050 50 16
Mail: office@weisser-ring.at

Zum Weiterlesen

Der WEISSE RING hat in den Jahren seit 2010 im Auftrag unterschiedlicher Trägerorganisationen insgesamt fünf ähnlich gelagerte Projekte betreut, darunter das Projekt „Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt„.

02/2025

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