Mag. Karlheinz Pröckl ist seit März 2025 stellvertretender Landesleiter des WEISSEN RINGS in Vorarlberg. Er ist gelernter Polizist und war bis Ende 2024 Leiter des Qualitäts- und Wissensmanagements in der Landespolizeidirektion in Bregenz. Er ist bestens innerhalb der Polizei vernetzt und hat 2024 gemeinsam mit dem WEISSEN RING Opferhilfe-Schulungen für rund 550 Polizist:innen in Vorarlberg veranstaltet. Wir haben mit ihm über seine ehrenamtliche Arbeit und seine Ziele gesprochen.

Wie sind Sie mit dem WEISSEN RING in Berührung gekommen?
Ursprünglich bin ich in meinem polizeilichen Alltag im Dienst bei einer Polizeiinspektion mit der Organisation in Berührung gekommen. In Folge war ich dann im Rahmen meiner Tätigkeit als Büroleiter des Qualitäts- und Wissenmanagements der LPD Vorarlberg in enger Kooperation mit dem WEISSEN RING. Wir haben bemerkt, dass immer weniger Verbrechensopfer bei der Polizei einer Weitergabe ihrer Daten an Opferunterstützungs-Einrichtungen zustimmen. Daraufhin habe ich begonnen, Schulungen zu organisieren. Letztes Jahr haben wir gemeinsam mit dem WEISSEN RING rund 550 Polizist:innen zum Thema Opferhilfe geschult.
Aus welchen Gründen haben Sie sich entschlossen, ehrenamtlich bei einer Opferunterstützungs-Organisation tätig zu werden?
Ich habe erkannt, dass Opferschutz wichtig und notwendig ist und im (Un-)Ruhestand eine sinnvolle Beschäftigung gesucht. Ich wollte meine Kompetenzen wie die Erfahrung bei Vortragstätigkeiten und Schulungen sowie im Prozess- und Projektmanagement einbringen. Darüber hinaus kann ich mit meinen Kontakten zur Polizei zu einer guten Vernetzung beitragen. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter ist mir auch wichtig, dass die Tätigkeit sinnvoll ist und mir Freude macht, beides ist der Fall.
Wie sehen Sie den WEISSEN RING und die Arbeit der Opferhilfe?
Der WEISSE RING ist eine absolut notwendige und wichtige und daher zu Recht auch gesetzlich legitimierte Einrichtung mit einem guten Mix aus ehrenamtlichen und angestellten Mitarbeiter:innen. Ich sehe mich wie gesagt in einer verbindenden Funktion zur Polizei. Es ist wichtig, hier auch eine Sensibilisierung zu erreichen. Verbrechensopfer sollen sich bei der Polizei gut aufgehoben fühlen.
Der WEISSE RING steht bewusst auf der Seite der Opfer. Wie sehen Sie das?
Die Parteilichkeit für Opfer ist meiner Ansicht nach die Grundlage für professionelle Opferbetreuung, die immer auch Beziehungsarbeit bedeutet. Eine neutrale, oder, noch schlimmer, eine ablehnende Position würde diese Arbeit zumindest gefährden, wenn nicht sogar verunmöglichen.
Welche Berührungspunkte haben Sie mit Verbrechensopfern jetzt/oder hatten Sie früher und welche Bedürfnisse nehmen Sie im Berufsalltag wahr?
In der früheren Vergangenheit im Rahmen meines nahezu 20jährigen Dienstes auf verschiedenen Polizeiinspektionen, hauptsächlich bei Vernehmungen von Opfern. In der kürzlichen Vergangenheit über die Aussagen in Vernehmungsprotokollen, die ich im Rahmen von Qualitätsüberprüfungen lesen durfte.
Als Bedürfnisse habe ich wahrgenommen oder, anders ausgedrückt, Opfer wollen:
- mit ihren Anliegen, Ängsten, Bedürfnissen usw. ernst genommen und wertschätzend behandelt werden
- dass ihnen vorbehaltslos geglaubt wird
- dass die Täter:innen ausgeforscht und bestraft werden
- Informationen über Opferschutz- bzw. Opferhilfeeinrichtungen
- bei bestimmten Delikten (z.B. Beharrliche Verfolgung) Schutz vor weiteren Angriffen
- Schadenswiedergutmachung
Gibt es zum Thema Opfer und ihre Situation etwas, wo Sie Handlungsbedarf sehen?
Ja, absolut! Am Thema „Info über und Einholen der Zustimmung zur Datenübermittlung an die Opferhilfeeinrichtung“ muss man unbedingt dranbleiben. Außerdem ist es wichtig, die Exekutivkräfte, die unmittelbar mit Opfern zu tun haben, immer wieder zu sensibilisieren. Dies bereits in den Grundkursen, die in den jeweiligen Bildungszentren der Exekutive abgehalten werden, aber auch bei beruflichen Schulungen und Weiterbildungen.
Darüber hinaus sehe ich noch Bedarf bei der Bekanntmachung der Einrichtung bei der Bevölkerung, da ich immer wieder in meinem Freundes- und Bekanntenkreis erlebe, dass der WEISSE RING nicht oder kaum bekannt ist.
Wo sehen Sie Entwicklungsmöglichkeiten, noch mehr für Verbrechensopfer zu erreichen?
Bei den gesetzlichen Regelungen, die momentan keine verpflichtende Datenübermittlung, auch ohne Zustimmung der Opfer, ermöglichen.
05/2025